Page 15 - der kleine Hase
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Dienstag – Vollmondnacht



             Schon früh am Morgen, lief ich hinaus in den Garten, um Ausschau nach dem kleinen Hasen

             zu halten. Leider blieb meine Suche ohne Erfolg. Ich kehrte in das Haus zurück um dem alten

             Bär davon zu berichten, dass der Hase verschwunden sei. „Wo mag er nur sein?“, sprach der
             Bär gedankenverloren vor sich hin. Der kleine Hase, war uns in den letzten Tagen ans Herz ge-

             wachsen, mussten wir erkennen. Mehr noch; seine Anwesenheit hatte unser Leben verändert.

             Das gemeinsame Gespräch drehte sich ausschließlich um den neuen Mitbewohner. Hatten wir
             zuvor, die Sondersendungen im Fernsehen verfolgt, den Wissenschaftlern und vermeintlichen

             Experten Ohr und Gedanken geschenkt, so war in den beiden letzten Tagen die Glotze aus

             geblieben. Der kleine Hase hatte unser Leben bereichert, so erkannten wir. Doch warum war er

             heute nicht zu finden? Ich hatte mir bisher nie überlegt, was der Kleine so den ganzen Tag im
             Garten trieb. Würde sich die Gelegenheit hierzu ergeben, so wäre dies eine Frage wert.




             Die nachmittägliche Suche blieb ebenfalls vergebens. Ich nahm die aufsteigende Trauer in mir

             wahr. Das Abendessen schmeckte mir nicht. Um mich abzulenken, stellte ich den Fernseher an.
             Wie in der letzten Woche hielten die Experten Hof und überspielten mit großen Worten die ei-

             gene Unwissenheit. Indessen lief der alte Bär durch den Garten. „Hans Jürgen, Hans Jürgen“,

             klang es von draußen herein. „Er ist wieder da, komm schnell“. Ich folgte den Rufen und fand
             den kleinen Hasen im Blumenbeet sitzend, den Blick starr zum vollen Mond ausgerichtet.
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