Page 23 - der kleine Hase
P. 23

Karfreitag




             Früh am Morgen ließen mich Gedanken erwachen, die in meinem Kopf kreisten. Lange lag ich

             in einem Zustand, der zwischen der Welt des Traums und der Realität angesiedelt ist. Heute
             war Karfreitag. Der dunkle Tag vor Ostern. Schon als Kind, schreckte mich die Leidensgeschichte

             ab, die fest mit diesem Tag verbunden ist. Der Mann am Kreuz, gewaltsam zu Tode gebracht.

             Warum nur all das Leid und Schmerz, den er ertragen musste. Dies war dem Jungen, der ich
             einmal   war,   zu   viel.   Hinzu   die   gegenwärtigen   Ängste   und   Unsicherheiten,   die   unter   den

             Menschen herrschen. Die Bedrohung durch ein Virus, das viele Kranke und über 95.000 Toten

             bisher gefordert haben soll.



             „Guten Morgen kleiner Hase“, begrüßte ich diesen, bei unserer morgendlichen Begegnung im

             Garten. „Warum gibt es diesen Tag voll Leid und Schmerz, wenn wir doch ein Fest des Lebens

             feiern wollen?“, fragte ich ihn.



             „Jürgen,   das   ist   eine   gute   Frage.   Schau,   auf   dieser   Welt   ist   alles   im   Gleichgewicht   der

             Gegensätze. Es gibt den Tag und die Nacht, ein alt und ein jung. Das eine wäre ohne das
             andere nicht denkbar. Wir können den Frühling erst feiern, wenn wir den Winter durchlebt

             haben. Und ebenso ist ein Leben ohne den Tod nicht vorstellbar. Wir können Freude erst

             empfinden wenn wir auch das Leid kennen. Und je größer, stärker die Erfahrung des einen
   18   19   20   21   22   23   24   25   26   27   28